Episode 20

Eine Bahn

  • Hamster 20 zum Hören

Die Vogelspinne und die siamesische Zweidechse brauchten einen Plan, wie die Zweidechse von ihrem Balkon zu demjenigen von Nico und Rona gelangen könnte. Die Vogelspinne beschloss, die anderen zu fragen und bat die Tauben um einen Rückflug. Im Nu war sie wieder zuhause. Wer fliegen kann, erspart sich viel Mühe.

Als sie ankam, war sie zuerst verwirrt, denn die anderen applaudierten und riefen voller Freude: «Bravo, Bianca, gut gemacht, Bianca!»

«Heissst die Taube Bianca?», wollte die Spinne wissen.

«Nein, DU heisst Bianca. Das bedeutet weiss», rief Rona. Sie war sehr stolz auf ihre Idee.

«Ich bin aber sssschwarz», sagte die Spinne.

«Aber neuerdings siehst du nicht nur schwarz», sagte Yangtse. «Und wir alle finden, Bianca passt zu dir.»

«Ja, Bianca issst ssschön. Dasss finde ich auch», sagte die Spinne gerührt.

«Yippie!», rief Fidschi.

«Esss issst ssschön, wenn man Freunde hat», sagte die Spinne. «Und wir haben noch eine Freundin. Wir brauchen einen Plan.»

Bianca berichtete den anderen von der Zweidechse, die auf der anderen Seite des Innenhofs alleine und gelangweilt auf ihrem Balkon lebte. Man konnte sie durch die Gitterstäbe winken sehen und alle winkten zurück.

«Die wäre interessant für unser Reptilienmagazin», sagte Yangtse zu Nico. «Ich habe noch nie etwas von so einer merkwürdigen Echse gelesen. Das ist sehr spannend.»

«Ich schreibe doch kein Märchenbuch», seufzte Nico.

«Ist die Zweidechse wirklich zu schwer für die Tauben?», fragte Rona.

«Gurruu, gurruu, viel zu schuwer, viel zu schuwer», sagten die Tauben.

«Ich habs!», rief Nico. «Wir gehen dort rüber, klingeln an der Türe und sagen, ein Ball sei auf dem Balkon gelandet. Wir fragen nett, ob wir ihn schnell holen dürfen. Dann nehme ich einen Ball unter dem Pullover hervor und stopfe die Zweidechse drunter. Super, oder?»

«Es geht so», sagte Rona. «Erstens glaubt uns niemand, dass ein Ball bis in den dritten Stock fliegt. Und zweitens lassen die uns nie rein. Man darf ja wegen dem Virus niemanden besuchen, weil alle Angst haben vor einer Ansteckung.»

«Mist, das stimmt», sagte Nico. Er studierte einen Moment. «Meinst du, wir könnten in der Nacht mal irgendwie raufklettern? Mit einem Seil würde das vielleicht gehen.»

«Deine Ideen sind heute ziemlich dämlich», sagte Rona. «Aber warte, ein Seil… das ist es! Wir bauen eine Seilbahn!»

Das war die perfekte Lösung und gar nicht so schwierig umzusetzen. Rona holte eine grosse Rolle Schnur und eine der Tauben nahm das Schnurende in den Schnabel. Mit Bianca auf dem Rücken flog die Taube zum Balkon der Zweidechse. Dort knüpfte Bianca die Schnur am Geländer fest. Alles, was mit knüpfen und binden zu tun hat, ist die Spezialität von Spinnen.

Dann spannten sie die Schnur zwischen den Balkonen fest. Nicos kaputter Helikopter wurde als Gondel umfunktioniert.

«Wer macht die Probefahrt?», rief Rona. Alle Hände und Pfoten gingen in die Höhe. Die Wahl fiel aber auf Fidschi.

Was war das für ein toller Moment für den kleinen Hamster! Sie stieg leicht nervös in die Kabine, schob die Sonnenbrille zurecht und rief: «Zehn, sieben, neun, sechs, vier, acht, drei, zwei, eins, ABFLUG!»

Die kleine Gondel machte sich auf den Weg. Die Tauben zogen sie an zwei Schnüren, denn es ging aufwärts. Am Anfang schaukelte es bedrohlich, aber mit zunehmender Geschwindigkeit wurde die Fahrt ruhiger und Fidschi rief: «Yippie, ich fliegeriere! Endlich!»

Auf der anderen Seite hüpfte die Zweidechse vor Freude auf und ab wie ein wildes Kaninchen.

Leider konnte Fidschi auf dem anderen Balkon nicht aussteigen. Mit ihrem geschienten Bein war sie ungeschickt und das Balkongeländer war rutschig. Sie musste aufgeben und zurückfahren. Jetzt ging es abwärts, was Fidschi eine rasante Schussfahrt einbrachte. Die Tauben wussten noch nicht, dass sie bremsen sollten. Gerade rechtzeitig fing Nico die kleine Gondel ein, sonst wäre Fidschi womöglich schon wieder abgestürzt.

Die Probefahrt hatte geklappt. Als nächstes fuhr Bianca mit der Gondel hoch. Für sie war es ein Leichtes auszusteigen. Sie half der Zweidechse beim Einsteigen. Die Gondel war für sie zwar sehr eng, aber sie genoss die Fahrt trotzdem sehr. Dieses Mal bremsten die Tauben die Gondel.

Es gab ein grosses Hallo bei der Ankunft. Die kleine Bande wurde immer grösser.

Dann rief Anna vom dritten Stock: «Eure Seilbahn ist cool. Darf ich auch mitmachen?»

Natürlich durfte sie das. Die Tauben flogen mit der Schnur hoch, Anna band sie fest und dann gingen Dinge hin und her wie kleine Briefe, Schokoladeneier oder auch mal ein Gelber Gecko, eine Vogelspinne, eine siamesische Zweidechse oder ein kappadokischer Felshamster. Es war ein richtig tolles Spiel!

Nur einer hatte keine Freude daran. Botswana wurde immer trauriger und ruhiger. Er konnte sich unmöglich in die Helikopterkabine quetschen. Dabei wollte er doch auch endlich mal fliegen und die Welt sehen.

Es war die Zweidechse, die bemerkte, dass Botswana unglücklich war. «Keine Sorge, auch für dich gibt es eine Lösung», sagte sie. «Ich habe jahrelang davon geträumt, von meinem Balkon fliehen zu können. Aber irgendwann habe ich die Hoffnung aufgegeben. Und plötzlich landet eine Vogelspinne bei mir. Du darfst nie die Hoffnung verlieren!»

 

Beschäftigungsideen

Vielleicht habt ihr Zeit und Lust, irgendwo eine Luftseilbahn für euren Hamster zu bauen. Wir freuen uns schon auf eure Bilder. Ihr könnt sie per Email senden (bitte nur ein Bild und als JPG) an hamster@andrewbond.ch.

 

 

 

 

 

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