
Episode 4
Eine Insel im Meer mit Sonnenbrille
- Hamster 04 zum Hören
Bevor die Namensfrage geklärt werden konnte, platzten die Eltern ins Kinderzimmer. Rona und Nico mussten sich rasch bereit machen, denn sie brauchten dringend Schuhe für den Sommer und Medikamente gegen Fieber und Grippe.
Die Kinder hatten keine Lust, Schuhe einzukaufen und schon gar nicht auf Grippe, aber Mäm und Paps drängten, weil sie befürchteten, dass bald die Geschäfte schliessen würden.
«Wenn wir heute keine Schuhe kaufen, müsst ihr vielleicht bis zu den Sommerferien in den Winterschuhen nach draussen gehen», sagte Mäm.
«Wenn sie überhaupt nach draussen gehen dürfen», ergänzte Paps mürrisch. «Vielleicht reichen ja Hausschuhe.»
So langsam wurde es für die Kinder ungemütlich.
Der neue Hamster hatte sie davon abgelenkt, dass die Krise wie ein starkes Gewitter auf sie zurollte. Keine Schule, geschlossene Geschäfte, nicht nach draussen gehen, die Grosseltern nicht sehen: So etwas konnten sich Rona und Nico überhaupt nicht vorstellen.
Es fühlte sich tatsächlich an wie ein Gewitter, von dem man zuerst nur von Weitem leisen Donner hört und sich dabei nichts denkt. Und dann kommt ein warmer Windstoss, den man lustig findet und plötzlich sieht man eine schwarze Wand, die sich rasch nähert. Und es beginnt heftig zu donnern und zu blitzen und macht einem Angst.
«Los, Kinder, zieht euch an! Und bitte saubere Socken ohne Löcher», sagte Mäm.
«Und zieht endlich die Storen hoch», rief Paps. «Diese Dunkelheit hält man ja nicht aus.»
Nico öffnete die Storen. Der Hamster beschwerte sich sofort.
«Ach, ist das hell, viel zu hell. Und Hunger habe ich übrigens auch.»
«Ich bringe dir ein paar Tulpen», sagte Rona.
«Was machst du mit den Tulpen?», rief Mäm.
«Ähm, Futter für den Hamster.»
«Isst er das?»
«Ja, sehr gerne.»
«Kriegt er nicht Bauchweh davon?»
«Nein, ich glaube nicht.»
«Trotzdem möchte ich nicht, dass du ihm die schönen Tulpen verfütterst. Da, gib ihm vom Heu, das wir gekauft haben.»
Oh, war der Hamster sauer! Er hatte sich auf die Tulpen gefreut und jetzt kam trockenes Heu aus einem Plastiksack.
«Hey, eines müsst ihr wissen», rief er. «Ich fresse nicht alles. Ich bin nämlich eine Feinschmeckerin!»
«Du bist ein Mädchen?», rief Nico erstaunt.
«Nein, ich habe gesagt, ich bin eine Feinschmeckerin.»
«Ja, schon, aber dann bist du ein Mädchen?»
«Nein, ein Hamster!»
«Aber eine SIE, eine Frau, weiblich, juhuu», sagte Rona.
«Warum ist das juhuu?», wollte Nico wissen.
«Weil Mädchen cooler sind als Jungs», rief Rona.
«Spinnst du? Jungs sind ganz sicher cooler als Mädchen», schrie Nico.
Er wollte ihr an den Haaren reissen, aber Paps stand plötzlich im Zimmer.
«So jetzt raus, aber dalli», befahl er.
Der Einkauf war dann aber noch schlimmer als der Streit im Kinderzimmer.
Sie fanden keinen Parkplatz in der Nähe des Schuhgeschäfts und nach dem Fussmarsch in den heissen Winterschuhen fanden sie den Laden vollgestopft vor.
Nicos Freund Francesco war auch da. Er wollte mit ihm reden, aber Mäm verbot ihnen nahe bei den anderen Menschen zu stehen. Sie wollte nicht, dass sie sich ansteckten.
Und irgendwie schien es, als ob in allen Köpfen ein Gewitter rauschte.
Kleinkinder tobten, grössere maulten herum, Eltern zischten ihre Kinder an und die Angestellten im Laden hatte auch keine Nerven mehr.
Irgendwie gelang es ihnen aber trotz allem Schuhe zu kaufen.
Neben der Kasse stand eine Kiste mit Stofftieren. Eines davon fiel Rona sofort auf und brachte sie auf eine tolle Idee, die sie Nico zuflüsterte. Er war begeistert und sagte in der süssesten Stimme, die er finden konnte: «Mäm, Paps, dürfen wir den blauen Hasen mit der Sonnenbrille haben? Der ist so cool.»
«Ihr habt schon zu viele Stofftiere», sagte Mäm.
«Aber so einen haben wir noch nicht», sagte Nico.
«Braucht ihr auch nicht», sagte Paps.
«Bitteeeeeee!», riefen die Kinder.
«Ich bezahle es aus meinem eigenen Geld, bittebittebitte», bat Rona.
«Nein, nein, nein und fertig», sagte Paps.
«Ihr habt aber gesagt, dass wir selber bestimmen dürfen, was wir mit unserem Taschengeld kaufen», wehrte sich Nico.
«Und wir haben auch gesagt, es muss etwas Sinnvolles sein.»
«Es ist sehr, sehr sinnvoll. Wir brauchen die Sonnenbrille für unseren Hamster», sagte Nico.
«Für unsere Hamsterin», fügte Rona bei.
Am Ende durften die Kinder den blauen Hasen mit Sonnenbrille kaufen.
Ihr Hamster war schlicht begeistert. Die Brille war wirklich sehr dunkel und deshalb perfekt für jemanden, der es nicht gerne hell hat. Er, nein SIE stolzierte wie ein kleiner Filmstar in ihrer Villa herum.
Rona stellte ihr den Schminkspiegel ihrer Mutter hin und der Hamster zeigte Posen wie ein Topmodel.
Nico und Rona konnten nicht aufhören zu lachen. Das tat sehr gut und vertrieb das Kopfgewitter.
«So, jetzt brauchen wir endlich einen Namen für dich», sagte Nico, «und zwar einen, den wir aussprechen und uns merken können.»
Er blickte im Zimmer herum und hatte plötzlich eine brillante Idee.
An der Wand hing eine Weltkarte mit allen Ländern und Meeren.
Er nahm den Hamster in die Hand und bat ihn, an irgendeine Stelle zu zeigen.
«Wo liegt Kappadokien?», fragte der Hamster.
Nico und Rona hatten keine Ahnung. Sie suchten die ganze Karte ab aber ohne Erfolg.
«Ach, du musst ja gar nicht auf Kappadokien zeigen, sondern auf irgendeine beliebige Stelle. Mach schon!», sagte Nico.
Der Hamster schwenkte ein paar Mal mit den Armen hin und her und legte dann eine Pfote auf eine Insel im Meer mit Namen Fidschi.
«Ja, Fidschi! Das ist ein super Name», rief Rona.
«Bist du einverstanden?», fragte Nico.
«Fidschi?» Der Hamster überlegte einen Moment und sagte das Wort drei, vier Mal. «Ja, Fidschi passt du mir. Kurz und klein, schön und cool.»
Rona schnappte sich einen Filzstift und schrieb mit grossen Buchstaben FIDSCHI über die Tür der Villa.
«Yippie!», rief Fidschi.
«Yippie!», riefen die Kinder.
«Jetzt finden wir noch heraus, wo Kappadokien liegt», sagte Nico. «Oder hast du diesen Ort nur erfunden, Fidschi?»
«Bestimmt nicht!», sagte Fidschi beleidigt.
«Dann erzähle uns von Kappadokien», bat Rona.
«Wie soll ich das denn? Ich war noch nie dort.»
Beschäftigungsideen
Versucht die Insel Fidschi auf einer Weltkarte zu entdecken.
Findet ihr auch eine Gegend, die Kappadokien heisst? Wie sieht es dort aus?
Ihr werdet ganz besonders gebaute Gebäude finden.
Für diese Forschungsarbeit braucht ihr wahrscheinlich erwachsene Hilfe und einen Atlas oder Computer.
Vielleicht findet ihr auf der Weltkarte auch einen tollen Namen für euren Hamster.
Gute Weltreise!